1989 - Auftragsarbeit vom Staatstheater Nürnberg

Medea Medea von Christian Duda / Helmut Lorin

Uraufführung am 22. Oktober 1989 

 

Kammerspiele / Staatstheater Nürnberg

Koproduktion: Klara Höfels / Staatstheater Nürnberg

 

Autoren: Christian Duda, Helmut Lorin; Inszenierung/Bühne: C. A. Gad Elkarim; Kostüme: Christian Göbl, Regie/Ausstattungsassistenz: Andrea Erl; Inspizient: Peter Reiner; Souffleuse: Helene Tabery;

 

Schauspieler/innen:

Hannes Seebauer (Schutzengel); Klara Höfels (Medea); Helmut Lorin (Jason); Werner Fenn, Stefan Noering, Nicolas Rohner (Sohn1); Rudi Schoepke, Thomas Noering, Fabian Häfelein (Sohn2); Özdemir Ötztürk (Kunde)

 

Technische Leitung: Max Grünwald/Rudolf Kluwig; Maske: Hans Hack; Bühne: Peter Mesternacher; Beleuchtung: Konrad Danegger; Ton: Werner Schiller, Frantisek Markacz/Peter Zeilmann; Requisiten: Michael Egger;

 

Das Stück.

Die Anregung, MEDEA MEDEA zu schreiben, geht zurück auf einen Spiegel-Bericht von Gerhard Mauz (1988) über die Metzgersfrau Christa Remlein, die ihre beiden Söhne getötet hat. Nicht sozialkritische Analyse, nicht psychologische Erklärung der Tat interessiert die Autoren, sondern eher: den Weg dorthin zu beschreiben. Behutsam und fast lakonisch geschieht das.

Die Autoren: „Es steht im Mittelpunkt des Interesses nicht der Medea-Mythos, sondern die innere Verfassung der Metzgersfrau vor ihrer schrecklichen Tag. Aber der sprachlosen Ohnmacht - ausgelöst durch diese Tat - leiht die selbstbewusste Protagonistin in des Euripides ihre Stimme als zeitlose Zeugin eines aktuellen Schicksals“. So entstammenden Figuren und Texte des Euripides im 3. Akt von MEDEA MEDEA einer Wunschprojektion der Frau, sind Reflektion über den Mord.

Foto:dpa
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Der Schrei der Medea von heute... Die Geschichte der Metzgersgattin Christa R., die ihre beiden Kinder ermordete, wurde jetzt auf die Bühne gebracht. Unter dem Titel „Medea Medea“ wirbt das Autoren-Duo Gad Elkarim und Helmut Lorin um Mitleid für die Mörderin. Hier Klara Höfels in der Hauptrolle. 

Medea mitten unter uns:

 

Verzweiflungsschrei der Hilf- und Sprachlosen.

Autoren-Duo dramatisierte den Fall der Christa R.

 

Medea als zeitloses Symbol der in die Enge getriebenen, an ihrer Not wahnsinnig werdenden Frau, der Kindermörder aus Verzweiflung? Wie schon die antike Heldin einer Tragödie des Euripedes, so ist auch die bundesdeutsche Metzgersgattin Christa R. zumindest auf der Bühne in Nürnberg letztlich aus Liebe zur Kindermörder geworden. Unter dem gedoppelten Titel Medea Medea - die kriminalistische Gegenwarts - Tragödie wurde jetzt uraufgeführt - wirbt das Autorenduo Gad Elkarin und Helmut Lorin um Verständnis für die Not einer Verzweifelten. Aus Angst vorm rohen Fleisch kann der seelisch kranke Mann nicht mehr arbeiten. In Anlehnung an einen Gerichtsbericht des „Spiegel“ von 1988 lassen die Autoren die Frau mit mäßigem Erfolg das Geschäft führen, die Kinder mit Schreien und Fluchen erziehen und vergeblich um die Zuneigung ihres Mannes werben. Die Autoren lassen den Besucher die still wachsende Verzweiflung der „Heldin“,ihr Gefühl von Ausweglosigkeit spüren. Dem Gatten nämlich ist alles eins, ob „Rippe vom Schwein, Lende vom Rind, die Brust meiner Frau“. Als der zumeist Zeitung lesende Metzgereibesitzer - er leidet unter Phobien - schließlich auf Kur gehen soll, bricht die kleine Welt seiner Frau („mein Reich ist die Wurst“) endgültig zusammen und die Tragödie - von antikem Ausmaß - nimmt ihren Lauf. In eindrucksvollen Szenen, in denen zum Teil minutenlang kein Wort fällt, immer in der Nähe von hysterischem Lachen und haltlosem Weinen, bietet die Stuttgarter Schauspielerin Klara Höfels Einblicke in das ausweglose seelische Desaster der biederen Metzgersfrau. Diese ist nicht in der Lage an ein anderes Leben nur zu denken, geschweige denn in eine neue Zukunft aufzubrechen. Weil da kein denkbarer Ausweg ist, - ist das grässliche Ende vorprogrammiert!

 

die Autoren

C.A. Gad Elkarim und H. Lorin
C.A. Gad Elkarim und H. Lorin

Helmut Lorin

Als Österreicher 1936 in Graz geboren. Aufgewachsen als Ostmärker. 1945 raustrifiziert. Gescheitert im folgenden Instituten: Einklassige Zwergschule in der Obersteiermark, Gymnasium, Handelsakademie, Graveurlehre, Bundesgewerbeschule für Maschinenbau u. a.; 1956 aufgenommen am Max Reinhard-Seminar in Wien. 1958 Nachwuchspreis der Stadtsparkasse Wien. 1959 erstes Engagement als Schauspieler an den Städtischen Bühnen Oberhausen. Weitere Engagements: Theater der Freien Hansestadt Bremen; Theater in der Josefstadt, Wien; Deutsches Theater in Göttingen; Staatstheater Braunschweig; Theater am Turm, Frankfurt; außerdem Gast an verschiedenen Theater, u. a. am Wiener Burgtheater. Als Regisseur habe ich Werke von John Ford, Georg Kaiser, Arnold Wesker, Franz Xaver Kroetz, Peter Hacks u.a. inszeniert. Seit zehn Spielzeiten bin ich am Staatstheater Stuttgart als Schauspieler engagiert. Dort habe ich meinen Co-Autor Christian Achmed Gad Elkarim kennen gelernt.

 

Christian Achmed Gad Elkarim

Ich wurde am 11. Februar 1962 in Graz/Österreich geboren. Bis 1966 lebte ich bei meiner Großmutter in der Steiermark, dann zog ich zu meinen Eltern nach Stuttgart. Meine Mutter, eine Österreicherin, machte mich zum Österreicher; mein Vater, ein Ägypter, zum Ägypter. Ich habe mich zum Deutschen gemacht. Bei der Geburt getaufter Katholik, später zum Islam rekrutiert, bin ich heute konfessionslos. Von 1981-1985 war ich Regieassistent am Schauspiel der Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Parallel dazu studierte ich an der Uni Stuttgart Philosophie, Literaturwissenschaften und Kunstgeschichte. Eigene Arbeiten: die Inszenierung der Elektra von Sophokles mit einer freien Theatertruppe in Stuttgart (1984), dazu die Erarbeitung eines Drehbuches und im Herbst 1985 die Verfilmung des Stoffes in der alten Reithalle Stuttgart - die Teilnahme am Internationalen Theaterfestival in Tokio/Kanagava (Elektra) -Bearbeitung des Iphigenie-Mythos. Titel: Barbarische Erinnerungen Herr Caligari und seine Frau; Kurzfilm mit Gisela Holzinger, Arthur Kühn u.a. - diverse Auftragsarbeiten für die Werbung - Franz Josef Ubu wird König; ein Stück für Kinder, geschrieben und inszeniert mit einer Klasse lernbehinderter Kinder - Eine deutsche Passion; Drehbuch über die Kirche im Dritten Reich/Spielfilm - Inszenierung der Klytaimestra von Jochen Berg. Da ich mich meinen Beruf auch emotional verschrieben habe, bin ich mit einer Schauspielerin verheiratet.